"Es ist nicht so wichtig was du tust, sondern wie du es tust" oder "Auf die weibliche Art"

(10 min Lesezeit)

 

Im letzten Jahr haben meine männlichen Anteile auf Hochtouren gearbeitet. Ich habe Grundlagen für mein Business geschaffen und viele technische Herausforderungen mit Härte gegen mich selbst gemeistert.


Ob ich das auch hätte anders erreichen können, da bin ich mir nicht sicher, doch das ist auch gar nicht so sehr der Punkt.

 



Auf die weibliche Art

Ich bin kein Mann, sondern ticke in den meisten Bereichen meines Wesens sehr weiblich. Im letzten Jahr habe ich mich in der Art und Weise, mit der ich meine Aufgaben bewältigt habe, irgendwie von mir entfernt. Mein Kopf kam sehr selten zu Ruhe, Schlafmangel und mein inneres Getriebensein haben mich ausgebrannt.

Ich habe mich tatsächlich sehr wenig als Frau gefühlt, war mit meinem Körper nur noch rudimentär verbunden und hatte wenig Muse für Genuss und mich fallen lassen. Alles war meinem Optimierungsgedanken unterworfen. Ich wollte so viel wie möglich in der Zeit, die ich hatte, schaffen und gönnte mir dabei nur im Notfall eine Pause. Alles musste schnell gehen. Schnell essen, schnell arbeiten, schnell ins Bad, schnell einkaufen, schnell Liebe machen (vielleicht), schnell zum Kindergarten, schnell nach Hause, schnell was spielen, schnell essen, schnell ins und aus dem Bad, schnell ins Bett, schnell Geschichten lesen und danach schnell weiter arbeiten.

Es ist nützlich, dass ich diszipliniert sein kann, wenn es gebraucht wird, aber dass diese Art des Lebens mich nicht glücklich macht und nur eine kurze Phase sein kann, wurde mir doch irgendwann klar. Mein Körper fühlte sich überhaupt nicht im Einklang an, es hakte an allen möglichen Stellen. Ein ständiges Gefühl von subtilem Unwohlsein.

In diesem Jahr, bin ich dabei zu einer Lebensweise zurückzukehren, die ich bereits kannte und ich will dieses Sein tiefer als zuvor erfahren und in meinem Alltag kultivieren.
In mir ist eine riesengroße Sehnsucht nach Langsamkeit. Es fühlt sich so gut an, etwas, egal was, langsam und fast schon rituell zu tun. Die Energie, die man den Handlungen mitgibt, spielt die entscheidende Rolle dabei, welche Wirkung sie letztlich entfalten werden. Für mich fühlt es, sich wie etwas zutiefst weibliches an, die Dinge langsam zu tun.

Warum? Nun, ich glaube, weil Langsamkeit Vertrauen voraussetzt. Im Vertrauen liegt die große Kraft von Frauen. Wir brauchen dieses Vertrauen in den unterschiedlichsten Phasen und Situationen unseres Lebens. Es ist in uns angelegt und eben oft auch beschädigt und verschüttet.

Dieses Vertrauen habe ich zum Beispiel in zwei Schwangerschaften und durch zwei Geburten hindurch gebraucht und auch gehabt. Die Gebärmutter und unser Herz sind physisch aber auch energetisch genau die Orte wo es in uns zu Hause ist.

 

Aus dem Becken leben

Wie es oft so ist, begegnen einem genau zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Informationen und so kam es, dass ich im letzten Jahr zuerst den Film "Der weise Schmerz der Seele" über und mit Gabor Maté gesehen habe und im Anschluss etwas in mir ganz von selbst begonnen hat, sich mit meinen Kindheitstraumata zu beschäftigen. Es war ein eigenartiger Prozess, der sich in der zweiten Reihe meines Bewusstseins nahezu selbständig vollzog. Oft habe ich geweint, und hätte nicht sagen können, worüber eigentlich genau.

Dazu kam, dass ich im Internet eine Frau entdeckte, durch welche ich erfuhr, dass Traumata meist im Körper im Becken, Nacken und Kiefer gespeichert werden und egal wie viel Therapie man macht, man dabei irgendwann an einen Punkt kommt, an dem es keinen Fortschritt mehr gibt, wenn man nicht auch den Körper mit einbezieht.

Ja, genau das. Ich habe schon einige Jahre zurückliegende Therapieerfahrungen, die sich auf meine Leben entscheidend positiv ausgewirkt haben. Trotzdem hatte ich besonders im Laufe des letzten Jahres das Gefühl, dass ich mit diesen Themen, anders als ich dachte, noch nicht zum Abschluss gekommen war. Ich konnte spüren, wie sich etwas durch mich durcharbeitete und von ganz unten an die Oberfläche drängte und ich wusste, dass mir bei der Bewältigung dessen Worte nicht helfen würden. Bis jetzt kann, ich noch nicht einmal genau sagen, worum es sich genau handelt. Es ist eine Ansammlung von alten Schmerzen, gesammelt aus unterschiedlichen Erfahrungen, zusammengeballt zu einem undurchsichtigen Knäuel in meinem Unterbewusstsein.

Mein Körper fühlt das und beschenkt mich mit den unterschiedlichsten Symptomen, hauptsächlich in Form von starken Verspannungen und Kopfschmerzen.
Und so mache ich nun täglich somatische Körperübungen, um das in meinem Körper gespeicherte Gefühlsknäuel langsam entlassen zu können.

Aus dem Becken heraus leben heißt für mich auch anders zu gehen. Ich bin bekannt für meinen zackigen, schnellen Schritt, aber gerade heute habe ich bemerkt, dass mein Bemühen mir langsames gehen beizubringen beginnt Früchte zu tragen. Ich laufe tatsächlich langsamer als man es eigentlich von mir kennt und es fühlt sich genüsslich an, weil meine Hüfte dabei schwingt und ich mein Becken spüre. Und auch hier, langsam laufen heißt für mich zu wissen, dass ich rechtzeitig ankomme, ob an der Straßenbahnhaltestelle oder im Leben.



Mit dem einen Fuß noch hier, mit dem anderen schon dort

Vor ein paar Wochen erzählte ich einer Heilerin im Vorgespräch unserer Behandlung von meinem Gefühl der Zerrissenheit in mir. Davon, dass ich mich zu meinem Liebsten sagen höre, dass ich eigentlich auch ganz gerne mal wieder Single wäre und in meiner Wohnung mit meinen tausend Samtkissen in lila, pink, rot und orange leben würde. Alles so, wie ich es will und vor allem ohne diese ganze Verantwortung für Kinder und Partnerschaft.
Im Laufe des Gesprächs half sie mir mit ihren Worten dabei, den Zwischenzustand zu verstehen, in welchem ich mich befinde.

Zwischenzustand, dieses Wort bezieht sich sowohl auf meinen physischen Zustand als auch auf meinen seelischen.


Ich bin jetzt 46 Jahre alt, mein Haar wird weißer, mein Zyklus unregelmäßig. Mein Körper wird älter und mein Inneres ruft nach Freiheit auf allen Ebenen! Hier verlangt ein 5-jähriges Kind nach mir als Mutter, dort befinde ich mich ganz klar auf dem Weg zur weisen Frau. Nicht nur ist diese Frau weise, ist wie eine weite offene Schale Wasser- wohlwollend, liebevoll, gewährend. Sie besitzt auch Narrenfreiheit und tut und lässt, was sie will. Sie ist sexuell frei, muss sich nicht mehr um eventuelle Verbindlichkeiten sorgen, die sich aus sexuellen Verbindungen ergeben. Ihre Kinder sind erwachsen und sie kann gehen, wohin sie will.

Nicht so eben bei mir. Aber der Wunsch danach ist in mir bereits stark und ich kann ihn zumindest erst einmal anerkennen und muss mich nicht mehr fragen, warum ich mich fühle, wie ich mich fühle.

 



Wie man etwas tut

Der Veränderungsprozess, in welchem ich mich befinde, berührt also ganz unterschiedliche Themen. Doch habe ich festgestellt, dass sie alle nach dem gleichen verlangen.

Man kann sich unglaublich verausgaben und trotzdem laufen die Dinge nicht wie gewünscht.
Die Anstrengung und Arbeit, die ich in ein Projekt stecke, sagen nichts darüber aus, ob ich mit dem Ergebnis zufrieden sein werde. Wenn ich durch Anstrengung und Disziplin meine Bedürfnisse
ignoriere, verhindert das den Fluss, den alle Dinge brauchen. Und der Fluss ist das Entscheidende.

Bin ich ärgerlich, unzufrieden oder dergleichen, kann ich aufhören mit meiner Arbeit, egal ob ich gerade am Computer sitze oder an einem Bild male, denn ich werde aus diesem Zustand heraus nur noch mehr Hindernisse und Widrigkeiten produzieren.

Der Fluss fließt nicht, ohne innere Ruhe. Nicht an der Leinwand, noch in meinem Privatleben. Ich versuche, Stress möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dafür muss ich oft loslassen. Zum Beispiel die Idee, noch dies und das schnell fertig zu bekommen. Ich gebe mir Mühe, rechtzeitig mit meiner Arbeit aufzuhören, um noch Zeit zu haben, mir etwas Gutes zu tun und mich in ruhigem Tempo auf den Weg zu machen. Aufhören fällt mir wirklich schwer. Es heißt auch den Signalen meines Körpers Gehör zu schenken. Es heißt gegen starke Widrigkeiten nicht zu verkrampfen, sondern genau dann loszulassen und den Weg des geringsten Widerstandes zu suchen. Denn, eines weiß ich mittlerweile, der Weg zum Erfolg kann auch ganz einfach sein, jedenfalls viel einfacher oder auch einfach anders als ich dachte. Die meisten Hindernisse lösen sich auf oder weisen den Weg in eine bessere Richtung, wenn ich mich aus meinen zwanghaften Gedanken lösen kann, um mich irgendeiner gerade passenden Praxis zu widmen, die mich zur Ruhe kommen lässt. Ruhe heißt Vertrauen, zu vertrauen bedeutet zu wissen, dass ich aufgehoben und eingebettet bin im großen Ganzen. Ich gehe also zum Beispiel spazieren, mache Yoga, eine Atemübung, tanze, höre laute Musik, liege, schließe meine Augen, meine Hände auf Herz und Bauch.

Ich übe mich in Akzeptanz, von Situationen und von Gefühlen, die da sind. Und dann suche ich nach den Möglichkeiten, mir Gutes zu tun, denn mein Wohlbefinden habe ich mit Beginn dieses Jahres an allererste Stelle gesetzt.

Manchmal muss ich realisieren, dass ich manche Deadline nur noch schaffen würde, indem ich meine körperlichen und seelischen Bedürfnisse missachte. Weil ich das nicht will, lasse ich los und vertraue auf die nächste gute Gelegenheit oder reiße es in blitzartiger Geschwindigkeit auf dem Weg des geringsten Widerstandes mit wenig Aufwand. Beides passiert.

Ich möchte wirklich nicht den Anschein erwecken, als ob ich plötzlich eine Art nicht aus der Ruhe zu bringender Buddha wäre. Mein Temperament ist immer noch impulsiv und in dem Kleinfamilienalltag gibt es viele Gelegenheiten in Frustrationen zu verfallen und die Ruhe völlig zu verlieren.

Es ist ein Weg, mal schmal, mal breit. Aber ein Weg, den ich sehe und gehe.

 

Beschäftigen dich vielleicht ähnliche Themen? Lass uns teilhaben an deiner Perspektive!


Ich freue mich wie immer über eure Kommentare!

 

von Herzen
Claudia

 

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